Pünder, Hermann2016-12-272020-01-042022-11-252020-01-042022-11-2520161617-1063https://orlis.difu.de/handle/difu/228098"Dulde und liquidiere." - Der alte, auf Grundsatz des Obrigkeitsstaats ist seit langem überholt. Entscheidend war der sog. Nassauskiesungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts. Bürger, die sich rechtswidrig behandelt fühlen, müssen sich zur Wehr setzen; die Möglichkeit, stattdessen eine Entschädigung zu fordern, haben sie nicht. Der Vorrang des Primärrechtsschutzes schont nicht nur die Staatsfinanzen, sondern führt auch dazu, dass Unrecht gar nicht erst geschieht. Der Bürger wird zur Durchsetzung der verfassungsrechtlichen Bindung an "Gesetz und Recht" (Art. 20 Abs. 2 GG) mobilisiert, eine Überlegung, die vor allem auch das europäische Unionsrecht prägt. Vor diesem Hintergrund ist erstaunlich, dass es bei Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte - wenn überhaupt - nur unzulängliche primäre Rechtsschutzmöglichkeiten gibt und dass das Bundesverfassungsgericht dies - anders als der österreichische Verfassungsgerichtshof - nicht beanstandet hat. Dogmatisch konsistent ist das nicht. Offensichtlich wirkt noch der Umstand fort, dass die Vergaberegeln ihre Wurzeln im Haushaltsrecht haben. Lange nahm man sogar hin, dass es hier einen "gerichtsfreien Raum" gibt, weil das Haushaltsrecht keine "subjektiven Rechte" vermittelt. Oberhalb der Schwellenwerte ist die Lage inzwischen - Europa sein Dank - befriedigend. Die Betroffenen haben angemessene Möglichkeiten, Primärrechtsschutz zu erlangen. Allerdings gilt dies nur für knapp 10 % der Auftragsvergaben? Unterhalb der Schwellenwerte klafft noch immer eine unerträgliche Rechtsschutzlücke, obwohl es auch bei diesen Aufträgen um beträchtliche Summen gehen kann."Dulde und liquidiere" im Vergaberecht? Zum notwendigen Primärrechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte.ZeitschriftenaufsatzDM16121515VerwaltungsrechtVergabeRechtsschutzVerfassungsrechtVergaberechtSchwellenwertPrimärrechtsschutzUnterschwellenvergabe